Aus Anlass meines 30-jährigen Ohnsorg-Jubiläums, das gleichzeitig mein 40-jähriges Bühnenjubiläum war, wurde folgendes Interview geführt, abgedruckt im Programmheft von "Huusmann & Co." in der Spielzeit 2006 / 2007.

In diesem Jahr wird gefeiert: 30 Jahre Ohnsorg und gleichzeitig 40 Jahre Bühne  - es gab also durchaus ein Theaterleben vor Ohnsorg, wie sah das aus?
Nach dem Abitur wusste ich überhaupt nicht, was ich machen sollte. Ich sollte Lehrer werden (Deutsch und Musik, der Junge war ja so musisch interessiert!), aber das wollte ich nun wieder nicht. Dann Schauspielschule (Frese-Schule Hamburg), eigentlich als Versuch gedacht, vorübergehend auszubrechen. Ich war gerade ein halbes Jahr dort, da schleppte mich ein Mitschüler ans St.-Pauli-Theater. Dort dann im Januar 1967 meine erste Premiere an einem professio-nellen Theater für Gage - na gut, Gage? Täglich Vorstellung, dafür gab es die gewaltige Summe von 350 D-Mark. Im Monat! Brutto!

Was waren das für Stücke?
Hamburger Volksstücke auf Platt, genannt „Posse mit Musik und Tanz" - recht schlichte Stücke, aber sehr gut als Einstieg in den Beruf, außerdem hatten wir viel Spaß. Am St.-Pauli-Theater spielte ich ununterbrochen fast zwei Jahre, anschließend gastierte ich an anderen Theatern (Kiel, Bonn, Bad Hersfeld u.a.), nahm nebenbei aber immer noch Schauspielunterricht. Als ich dann nach drei Jahren meine Abschlussprüfung machte, hatte ich schon zweieinhalb Jahre Praxis hinter mir. Anschließend immer noch keine große Karriere, sondern Musikstudium an der Hamburger Musikhochschule. Nach vier Semestern hatte ich keine Lust mehr und machte mit Sondergenehmigung ein Examen als staatlich geprüfter Musiklehrer.

Danach wieder Theater?
Schon während des Studiums gab es Kontakt zu einem damals aufstrebenden Komponisten, Mauricio Kagel, der dann an der Hamburger Staatsoper eine vielbeachtete Uraufführung herausbrachte, „Staatstheater", und ich war mit einem Solistenvertrag dabei. Kabel gründete dann das „Kölner Ensemble für Neues Musiktheater", wir waren fünf Mann und gastierten auf vielen Festivals, zunächst in Europa, und dann folgten zwei wunderbare Tourneen mit dem Goethe-Institut durch Asien und durch Nord- und Südamerika.

Das muss doch ein Traum gewesen sein!
Klar, aber nach einem schönen Traum kommt immer ein Erwachen. Man möge sich erinnern: Anfang der Siebziger Jahre Wirtschaftstief und Ölpreisschock, es wurde nicht investiert, nichts produziert, die Aussichten waren nicht rosig, schon gar nicht für freischaffende Künstler. Und ich saß zwischen den Stühlen: Für die Musiker war ich Schauspieler und für die Schauspieler Musiker. Ich hatte zwar eine 13-teilige Serie gedreht („Fußballtrainer Wulff", ich als Linksaußen) und danach mit einer steilen Fernsehkarriere gerechnet. Die blieb aber leider aus.

Ende der künstlerischen Ambitionen?
Das war's, dachte ich. Darum schrieb ich mich an der Hamburger Uni ein und studierte fleißig Jura. Doch dann kam Ohnsorg und suchte für die Spielzeit 1976/77 jemanden, der Klavierspielen und Plattdeutsch kann. Und das war ich. Geplant war ein einziges Stück, daraus wurden fünf, dann eine zweite Spielzeit, dann ein fester Vertrag als musikalischer Leiter und Schauspieler - und dann natürlich der Abbruch des Jura-Studiums. Inzwischen habe ich bei Ohnsorg fast siebzig Bühnenrollen gespielt, unzählige Bühnenmusiken abgeliefert als Kompo-nist und Produzent, war außerdem Betriebsratsvorsitzender und Mitglied im Aufsichtsrat.

Andere Aktivitäten neben dem Theater?
Da ist im Laufe der Jahre viel zusammengekommen: über 50 TV-Werbefilme, über 5.000 Rundfunk-Werbespots, fast 700 Folgen von „Frisör Dieter" bei Radio Hamburg, fast 400 Folgen von „Helene Hoyer" bei NDR 90.3, bei beiden als Autor und Sprecher, fast 100 plattdeutsche Kolumnen in der WELT, über 300 „Hör mal'n beten to"-Folgen für den NDR-Hörfunk, über 100 Folgen „DAS reist!" im NDR-Fernsehen, unzählige Hörspiele und Solo-Veranstaltungen mit platt- und hochdeutschen Programmen, und zwischendurch immer wieder kleine TV-Auftritte und Kompositionen für Werbung, Film und Theater. - Und mit meinem Beruf überhaupt nichts zu tun hatte vor über 20 Jahren die Idee, einen Verein zu gründen. Heute bin ich nach 15 Jahren Vorsitz dort nicht mehr aktiv, aber es gibt ihn noch, den „Tandem-Club Weiße Speiche Hamburg e.V.", der mit Blinden und Sehenden regelmäßig Radtouren unternimmt.

Und was soll noch kommen?
Für manche eine Drohung: Ich will 90 werden und dann in voller geistiger Frische „Opa ward verköfft" spielen. Vielleicht klappt es ja, mal sehen. Ich arbeite daran.